Blog prof. René Prêtre

MISSION MOSAMBIK 2024, 26. MAI
Post by René Prêtre

8.00 Uhr
Ich schaue auf der Intensivstation vorbei, um die beiden am Vortag operierten Patienten zu besuchen. Ihr Zustand ist stabil und sie entwickeln sich gut. Der Kleine mit dem VSD und den wiederkehrenden Bronchitiden benötigt noch eine Lungenspülung, weshalb er intubiert bleibt, bis seine Lungen trocknen.
Einen Kaffee und ein paar Toasts später bin ich bereit für einen arbeitsreichen Tag. Er beginnt mit einem arteriellen Switch. Die Operation ist so riskant, dass wir sie erst nach zehn Jahren Missionsarbeit in Betracht gezogen haben. Sie ist meist bei sehr jungen, sehr kleinen Kindern notwendig. Das Team ist bereit, ich schliesse mich ihnen an.
14.30 Uhr
Wir haben den arteriellen Switch soeben beendet. Diese geradezu mythische Operation bleibt eine Herausforderung, wenn man sie in einem Entwicklungslandmit begrenzten Mitteln durchführt. Der chirurgische Eingriff erfordert sehr viele Nähte. Jeder Stich, der durch ein Blutgefäss geht, bildet ein Loch (das Einstichloch der Nadel, das nur teilweise vom Faden wieder verschlossen wird und dadurch ein Blutungsrisiko bildet). Wir haben hier nicht alle Mittel zur Hand wie zu Hause, wie Gerinnungsfaktoren und/oder Blutplättchen. Die Hämostase (der Blutstillungsprozess, bis ein trockenes Operationsfeld erreicht ist) dauert also immer noch viel länger als bei uns in der Schweiz. Um diese Schwierigkeiten zu beherrschen, muss die Operation äusserst präzise sein. Ich verwende also etwas dünnere Fäden, die aber natürlich auch anfälliger sind als normale. Um die mangelnde Widerstandsfähigkeit des Fadens auszugleichen, gehe ich mit kleineren Schritten voran, um die Spannung auf den Faden so gering wie möglich zu halten – analog zum Prinzip eines Seils, das zwar stark ist, aber aus vielen dünnen, zerbrechlichen Fäden besteht.
Die Verbindung zwischen den beiden Ventrikeln des Kindes erwies sich als besonders schwierig zu schliessen. Ich musste zwei Zugänge verwenden, einen über den rechten Vorhof und einen über die Aorta (auch wenn ihr Durchmesser extrem klein ist), um sie zu schliessen – jeder Schnitt für beide Seiten. Ich hatte die Koronararterien aus der Aortenwurzel genommen, sodass sich diese wie eine Tulpe öffnen liess und ich etwas mehr Platz und Bewegungsfreiheit hatte. Trotz dieser Herausforderungen verlief die Operation sehr gut. Die Echokardiographie, die kurz vor der Entfernung der Herz-Lungen-Maschine durchgeführt wurde, zeigte eine sehr schöne Rekonstruktion mit einer guten Kraft in beiden Ventrikeln, vier Klappen, die sich gut öffneten und schlossen, und gut gefüllten Koronararterien. Das ist das Zeichen eines normalen Herzens, das dieses Kind viele, viele Jahre begleiten dürfte – eigentlich ein ganzes Leben lang.
Auch heute ist das Essen bereits kalt, als wir uns in den kleinen Aufenthaltsraum begeben, um es zu geniessen. Trotzdem ist es wie immer sehr gut und bietet uns einen kurzen Moment der Entspannung und des Austauschs im Raum neben dem Operationssaal.
Die zweite Operation ist insofern besonders, als wir es mit einer Dextrokardie zu tun haben: Die Anordnung von Herz und Lunge ist im Vergleich zu uns spiegelverkehrt. Das Herz befindet sich also nicht in der linken Brusthöhle, sondern rechts. Aufgrund ihrer besonderen Struktur und ihrer extremen Seltenheit erfordern diese Herzen bei der Korrektur eine hohe Konzentration, um sich nicht verwirren zu lassen. Das ist in etwa so, als würde man mit dem Auto in einen Kreisel mit Linksverkehr fahren, wenn man es gewohnt ist, rechts zu fahren. Wenn man auch nur einen Moment nicht konzentriert ist, weiss man plötzlich nicht mehr, in welche Richtung man sich bewegen muss, was natürlich potenziell einige unangenehme Überraschungen birgt…
22.30 Uhr
Eines ist klar: Der Linksverkehr liegt mir nicht. Was für ein komplizierter Eingriff für diese zweite Operation! Es hätte der einfachste Fall des Tages sein sollen …
Natürlich schafft die Tatsache, dass das Herz spiegelverkehrt liegt, eine zusätzliche Schwierigkeit. Das Problem bestand jedoch darin, dass unsere Diagnose unvollständig war und wir lange suchen mussten, um den Grund für die unbefriedigende Hämodynamik zu finden. Das Herz war nicht in der Lage, den Blutkreislauf zu gewährleisten, der arterielle Druck war zu schwach, der venöse zu hoch und die arterielle Sauerstoffsättigung nur knapp ausreichend. Schliesslich haben wir eine Insuffizienz einer der Herzklappen festgestellt (die schlecht schloss). Eine Klappe, die vorgestern Abend keine Auffälligkeiten gezeigt hatte, aber angesichts ihrer Position hatten wir das vielleicht «übersehen».
Wir mussten die Herz-Lungen-Maschine wieder starten und das Herz stilllegen, um es zu operieren. Ich dachte, dass wir damit das Schwierigste hinter uns hatten. Wir haben erneut den Vorgang zum Ausschalten der Herz-Lungen-Maschine gestartet, um die Kreislaufarbeit dem Herz zu überlassen. Da überraschte uns plötzlich eine massive Blutung – die «grosse blaue Flut», wie es einer meiner älteren Kollegen nannte – die aus den Tiefen der Perikardhöhle kam und den Brustkorb innerhalb von 1 bis 2 Minuten füllte. Zum Glück standen unsere Sauger bereit und konnten mit der Flut Schritt halten. In der Herzchirurgie ist das abgesaugte Blut so stark verflüssigt (durch Antikoagulanzien), dass es sofort wieder der Herz-Lungen-Maschine und damit dem Blutkreislauf zugeführt werden kann. Die Maschine wirkt wie eine Hochgeschwindigkeitstransfusion. Selbst in einer so extremen Situation wie dieser gibt es keinen Blutverlust, da das gesamte Blut abgesaugt und wieder in den Kreislauf eingespeist wird.
Zurück zur Herz-Lungen-Maschen (zum dritten Mal). Nachdem das Herz geleert war, hörte es natürlich auf zu bluten. Es war sehr schwierig, den Ursprung der Blutung zu finden. Sie wurde durch den Riss einer Lungenvene an der Einmündung in den Vorhof verursacht. Nachdem wir diesen beheben konnten, stellten wir die Maschine zum dritten Mal ab. Dieses Mal klappte es.
Angesichts des extrakorporalen Kreislaufs, der über vier Stunden lief, funktionierte jedoch kein einziges Plättchen mehr und es dauerte sehr lange, bis wir ein trockenes Operationsfeld hatten. Es war 22.00 Uhr, als wir nach sechs Stunden anhaltenden Kampfes den Operationssaal verlassen konnten.
Zum Glück hatte Beatriz uns im Nebenraum ein Abendessen vorbereitet – das wir ebenfalls kalt einnehmen. Ich setze mich hin mit Souziñho und esse schnell, denn ich habe nur einen Wunsch: ins Hotel zu gehen, meine Beine zu strecken, die Muskeln etwas zu mobilisieren und zu schlafen, um mich zu erholen. Heute Abend mache ich bestimmt keine Fortschritte mehr mit dem Bericht aus Ruanda …