Blog prof. René Prêtre

Mai 26 2017

Mission Mosambik 2017, 26. Mai

Post by René Prêtre

Mai 26 2017

Unser kleiner Prinz hat uns gestern kurz vor Mitternacht verlassen. Wir haben die Eltern benachrichtigt und ihnen unsere Befürchtungen – eines Lungenversagens diesmal – mitgeteilt, als sich die Situation am Nachmittag anhand der wachsenden Schwierigkeiten, das Blut mit Sauerstoff anzureichern, verschärfte.

Der Vater, der weit weg in einer anderen Provinz arbeitet, ist am Abend nach Maputo gekommen. Zusammen mit seiner Frau konnte er beim Kind Wache halten.

Heute Morgen habe ich sie wiedergesehen. Ein Onkel und eine Tante waren bei ihnen. Wir haben uns im Büro von Beatriz getroffen, die sich um die Übersetzung gekümmert hat. Wir haben unsere Trauer um das Kind und unser Mitgefühl für sie zum Ausdruck gebracht. Wir haben uns mit komplizierten Erklärungen zurückgehalten, denn in einem solchen Moment gibt es nichts, was diese dichte Schmerzschicht zu durchbohren vermag, unter der die Objektivität und das Verständnis vergraben liegt. Der Vater hat uns trotzdem zugehört, die Mutter blieb ganz in sich gekehrt, den Kopf in ihren Armen vergraben, von Schluchzern geschüttelt. Sie hatten keine Fragen am Ende unseres Gesprächs. Sie haben sich bei uns bedankt und dann haben sie alle gemeinsam einen Kreis gebildet. Wir liessen sie allein in ihrer Verwirrung und ihrem Schmerz.

Als ich die Intensivstation betrat, musste ich natürlich gleich auf den Platz des Kindes schauen. Er war leer und bereits geputzt. Dies ist der normale Ablauf, denn unsere Arbeit geht weiter; trotzdem hat mich diese Leere etwas aus der Fassung gebracht: Das war sein Platz. Hier hat er gekämpft – und wir mit ihm. Dieser Platz gehörte ein wenig ihm, und der Gedanke, dass er sehr bald einem anderen Kind dienen würde, bereitete mir Mühe. Wie wenn hier nie etwas Schlimmes passiert wäre.

Die Morgenvisite war heute kurz. Allen Kindern geht es gut, jedes einzelne ist stabil und wird bald den ganzen Nutzen der Operation spüren können. Der heutige Tag kündigt zwei Gegensätze an: Am Morgen wird es eher schwierig und dafür am Nachmittag dann etwas einfacher. Wir haben bereits das Ende der Mission im Visier, die komplexen Fälle sind operiert und die Tage werden leichter.

Der Eingriff heute Morgen ist aber ziemlich kompliziert und da Sozinho noch nie einer solchen Operation beigewohnt hat, ist es insbesondere er, der uns bittet, sie noch durchzuführen. Zwischen dem Herz und der Lunge fehlt jegliche Verbindung. Die Blutversorgung der Lungen findet hauptsächlich über die drei grossen der Aorta entspringenden Arterien statt. Bei der Korrektur werden diese Arterien von der Aorta getrennt, um sie dann mit den kaum entwickelten nativen Pulmonalarterien zu verbinden. Daraufhin werden all diese Arterien mit der rechten Herzkammer verbunden.

Die Operation dauert ziemlich lange, über vier Stunden, aber sie verläuft gut. Der Sauerstoffgehalt im Blut ist optimal.

Wiederaufnahme der Arbeit – wir versuchen, unseren «kleinen Prinzen» zu vergessen.

Wiederaufnahme der Arbeit – wir versuchen, unseren «kleinen Prinzen» zu vergessen.

Heute Nachmittag operieren wir das letzte «Fliegengewicht» der Mission (3,5 kg). Ich werde Sozinho helfen, ein Loch zwischen den beiden Herzkammern zu schliessen.

Nachdem ich in der Küche einen Happen gegessen habe, schlendere ich zur Intensivstation. Die Rädchen surren vor sich hin. Kein akutes Problem ist in Sicht. Die Kinder entwickeln sich alle zufriedenstellend.

Maxime ist dabei, ein Pleuraldrainagesystem zu reparieren. Ein Methusalemsystem … aber mit seinen geschickten Händen kann er diesen unwahrscheinlichen Materialmix bestimmt wieder für ein paar Jahre zum Laufen bringen.

Das Kind ist wach, aber noch schläfrig. Die Drains (rot) werden am nächsten Tag entfernt.

Das Kind ist wach, aber noch schläfrig. Die Drains (rot) werden am nächsten Tag entfernt.

Yann kommt auf mich zu, als ich gerade am Desk der Intensivstation stehe.

«Wir sind soweit.»
«O. k., ich auch.»
«Für wie lange habt ihr ihn?»
«Nicht sehr lange – zweieinhalb Stunden?»

Ich schaue durch das Fenster in den Operationssaal. Sozinho hat bereits desinfiziert und die Schläuche der Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Er ist bereit zum Schneiden.

 

René Prêtre unterhält sich mit Yann

René Prêtre unterhält sich mit Yann

 

Guillaume

Guillaume

 

Evelyne bereitet einen der kleinen Patienten für den Eingriff vor.

Evelyne bereitet einen der kleinen Patienten für den Eingriff vor.