Blog prof. René Prêtre

Dez 14 2016

MISSION KAMBODSCHA 2016, 14. DEZEMBER

Post by René Prêtre

Dez 14 2016

Besuch auf der Intensivstation heute Morgen. Von sieben Betten ist nur noch eines frei … Zusätzlich zu unseren beiden grossen Operationen hat Oliver noch an drei Kindern Katheterisierungen vorgenommen. Zwei schlafen noch an das Beatmungsgerät angeschlossen, aber eines davon kann bereits von der Maschine genommen werden. Wir werden drei Kinder aufs Zimmer bringen können. Die anderen drei werden wir noch einen Tag hierbehalten, denn sie sind noch nicht stabil genug, um die Intensivstation zu verlassen.

Unsere Kardiologin Lo Kunthea hat mich gestern Morgen zusammen mit Dominik in ihren Herzultraschall-Raum geführt. Sie wollte mir die Kinder zeigen, die auf eine Korrektur warten, insbesondere diejenigen, die sie noch nicht operieren können. Ladin, der Chirurg, hat sich uns sofort angeschlossen; er ist sehr neugierig und will immer auf dem neuesten Stand sein. Er würde gerne so viele schwierige Operationen von uns übernehmen, wie möglich. Operationen, von denen er nur gehört hat, denen er aber nie beigewohnt hat – solche «chirurgischen Herausforderungen», wie wir sie nennen, sind für uns wie 8000er für Bergsteiger.

Schon wurden mir auf ihrem Videogerät, das über eine immense Menge an Speicherplatz verfügt, eine überwältigende Anzahl komplizierter Fälle gezeigt. Kinder jeden Alters und mit den unterschiedlichsten Missbildungen – manchmal solche, die ich sonst nur zwei- oder dreimal pro Jahr antreffe. Es handelt sich offenbar um Kinder, die sie nicht operiert haben; und da ihr Einzugsgebiet praktisch 15 Millionen Einwohner umfasst, ist die «Auswahl» an verschiedenen, manchmal ganz exotischen Erkrankungen fast unerschöpflich. Sie präsentierten sie mir, wie Zauberer aus dem Hut gezogene Kaninchen oder Tauben präsentieren. Ich konnte nicht anders, ich musste einfach an den Charlie Chaplin-Film «Der Zirkus» denken, an die Szene, in der er als Landstreicher den Tisch des Magiers durcheinanderbringt und plötzlich, zur grossen Entrüstung des Magiers, eine beträchtliche Anzahl Tiere aus ihren Verstecken kommen.

Dann brachten sie uns zu einem erst wenige Wochen alten Kind mit schwindender Sehkraft. Es hatte in den vergangenen Tagen zwei Herzinfarkte mit Asphyxie erlitten, eine Erholung davon ist schwierig. Das Kind hat praktisch keine Reserven mehr und die Prognose ist düster. Ich zögerte, es aufzunehmen, denn die Operation ist schwierig und unsere Reanimationsmöglichkeiten auch gering, das Personal ist weniger erfahren als bei uns und die Medikamentenausstattung ist ebenfalls ungenügend.

Nachdem wir uns abgesprochen hatten, entschieden wir uns, diese Rettungsoperation zu wagen. Insbesondere Ladin bestand darauf, aber ich vermute ja, er möchte einfach lernen und entdecken. Das Kind wiegt allerdings nur 3.5 kg. Wir suchten alles Material für die Allerkleinsten zusammen, so dass der Eingriff wenigstens technisch gesprochen realisierbar ist.

Wie immer bei Säuglingen, hat die Vorbereitung zur Anästhesie seine Zeit gebraucht. Jetzt ist es 09:30 und wir machen uns auf in Richtung Waschbecken, um unsere Hände zu waschen, und ich schliesse meinen Computer wieder.