Blog prof. René Prêtre

Okt 30 2018

MISSION KAMBODSCHA 2018, 30. OKTOBER

Post by René Prêtre

Okt 30 2018

Dienstag, 30. Oktober – 8.30 Uhr

Der heutige Morgen begann mit einem Besuch des «allgemeinen» Spitals. Geführt wurden wir dabei von niemand Geringerem als von Denis Laurent selbst, dem Generaldirektor des Kantha-Bopha. Die Operationssäle, der Standort der Intensivstation …, all dies weckte bei mir einige Erinnerungen (ich habe den Ort 2007 entdeckt), zeigte mir aber auch die riesige Entwicklung, die dieses Spital durchgemacht hat und weiterhin erlebt.

En attente d'une consultation

Warten auf die Sprechstunde

Gestern bereits hatte ich ein langes Gespräch mit Denis, bei dem er mir zuallererst versicherte, was ich schon wusste, nämlich, dass die Zukunft von Kantha-Bopha nicht gefährdet ist. Dann erklärte er mir die Projekte von Siem Reap, aber auch – und insbesondere – von Ihren Bestrebungen ein ähnliches Herzprogramm in Phnom Penh aufzubauen. Die Infrastrukturen wurden weitgehend kopiert, und das Ganze entwickelt sich gut. Sie denken, sie sollten ihre erste Operation am offenen Herzen bereits im August nächsten Jahres durchführen können.
«Am 1. August», stellte er dann klar. «An unserem Nationalfeiertag – das würde uns gleich zwei Gründe zum Feiern geben», antwortete ich augenzwinkernd.
Die Tatsache, dass das Team von Siem Riep – allen voran Ladin, der Chirurg – das Phnom-Penh-Team ausbildet, bereitet ganz besonders grosse Freude. Es zeigt, welch hervorragendes Niveau sie bereits erreicht haben.

Première opération du jour.

Erste Operation des Tages.

18.00 Uhr

Ladin ist gerade dabei, unsere dritte Operation abzuschliessen. Eigentlich ist er bereits in der Verlängerung. Das Kind – ein ganz kleines – hatte zusätzlich auch einen Leistenbruch (Hernie inguinale). Beim Nähen des «kardialen» Einschnitts hat er mich gefragt, ob er «nebenbei» die Hernie schliessen dürfe.
«Das wird ihm eine zusätzliche Narkose ersparen», meinte er. Ich war ihm für die Abkürzung dankbar.
Ich schaue ihm durch die grosse Scheibe, die mich von ihm trennt, zu und denke, dass diese zweite Massnahme wirklich «nebenbei» vorgenommen wird. Abgesehen von ein paar Verbandswechseln wird diese zweite Operation niemandem gross zu schaffen machen.

Unsere Operationen – eine davon war besonders heikel – verliefen gut. Heute ist es mehr die Pflege, die uns herausfordert. Es mussten zwei intensive Wiederbelebungen vorgenommen werden – eine heute Nachmittag und eine gerade eben.

Juste après la réanimation. De face, en vert: David et Jacques.

Gleich nach der Reanimation; hinten in grün: David und Jacques

Als ich gerade meine Handschuhe abstreife, kommt Yann zu mir in den Operationssaal: «Soeben haben wir ein Mädchen mit einer respiratorischen Azidose mit fortgeschrittener Atemnot aufgenommen. Wir konnten sie gerade noch intubieren. Der erste Ultraschall zur groben Orientierung zeigt einen massiven Herzfehler über einem beträchtlichen Shunt. Dieser muss schnellstmöglich geschlossen werden.»
«Heute Abend?»
«Mal sehen. Wenn David und Jacques es schaffen, ihn zu stabilisieren, können wir bis morgen warten.»

Jacques ist ehrenamtlich dabei. Er hat die Intensivstation der Kinderchirurgie am CHUV aufgebaut und während undenkbar langer Zeit geleitet. Er wurde gerade pensioniert. David hatte mich vor ein paar Wochen angesprochen und gesagt:
«René, du kennst Jacques – er hat das CHUV verlassen, aber er ist immer noch an dem interessiert, was wir machen, es juckt ihn immer noch in den Fingern, und er würde uns gerne begleiten und sich auf das Ausbilden, das «Teaching», konzentrieren.»

Normalerweise nehmen wir keine Freiwilligen mit. Wir bekommen oft Anfragen, die alle gut gemeint sind, aber wir haben keine Zeitnischen für «Externe». Das Spital ist gut ausgerüstet und organisiert, was die Unterstützung der Familien anbelangt. Was Berufsleute betrifft, die nicht aus unserem Bereich der Kardiologie kommen, so würden diese unsere Arbeit mehr behindern, als dass sie uns helfen könnten, denn wir müssten ja sämtliche ihrer Handgriffe begleiten. Wenn wir also schon in jemandes Leistung investieren, sollte es sich dabei um eine lokale Person handeln. Aber bei jemandem wie Jacques ist dies natürlich etwas anderes: Nicht nur gehört er zu unserer Garde, er hat diese im Laufe seiner Karriere auch massgeblich mitgeschmiedet.

Und schon ist Jacques mit an Bord (Leserinnen und Leser, die gerne mehr über ihn erfahren wollen, verweise ich auf folgenden Link [nur auf französisch]:)

https://avenue.argusdatainsights.ch/kundenartikel/2018-10/1084202/71366189.pdf

Heute spüre ich, wie die Gruppe von Müdigkeit übermannt wird. Der zweite und dritte Tag gehören meist zu den anstrengendsten, da wir uns am Anfang der Mission auf die schwierigen Fälle konzentrieren (um sie möglichst lange in der Intensivpflege begleiten zu können) und der Jetlag auch noch am stärksten spürbar ist. Beides zusammen kann einem ganz gehörig an die Nieren gehen.

Heute gibt es ein einfaches Abendessen – und ab ins Bett.