Blog prof. René Prêtre

Mai 17 2018

MISSION MOSAMBIK 2018, 17. MAI

Post by René Prêtre

Mai 17 2018

8 Uhr
Das Aufstehen fiel uns allen etwas schwer. Langsam fangen wir alle an, den Stress dieser ersten Operationen zu spüren. Weniger Begeisterung und auch weniger Lächeln beim Frühstück. Dennoch wissen wir, dass der Grat überwunden und der steilste Hang erklommen ist. Noch können wir nicht von einem lockeren Abstieg reden, aber das, was noch kommt, sollte doch zumindest weniger anstrengend sein.
Auf dem Weg zum Spital erfahren wir, dass Marseille gestern Abend das Europa-League-Finale gegen Atletico Madrid verloren hat. Wie schade für die Olympique de Marseille. Ich finde nicht, dass sie eine erstklassige Mannschaft sind, aber sie sind volksnah und die Fankultur ist aussergewöhnlich. Auch die Stadt hätte diesen Coup mit überschwänglicher Freude willkommen geheissen.

Notre princesse, encore "sous le respirateur", assoupie, semble attendre notre passage...

Unsere Prinzessin, hier dösend und noch «unter Beatmung», scheint zu erwarten, dass wir kommen …

Ankunft auf der Intensivstation.
Leichte Angst liegt in der Luft, als wir von Tür zu Tür gehen – diese ist aber schnell wie weggeblasen, als wir sehen, dass alle unsere Patienten, auch das Mädchen von gestern Nacht, wohlauf sind. Sie wird noch immer «ventiliert» (ist also immer noch an das Beatmungsgerät angeschlossen), aber als wir vorbeigehen, öffnet sie, als ob sie uns erwartet hätte, die Augen. Sie betrachtet uns ein paar Sekunden lang und schaut dann um sich – fast ein bisschen erstaunt. Grosse Erleichterung und Zufriedenheit breitet sich in uns aus: Sie scheint definitiv über den Berg zu sein.
Heute stehen zwei mittelschwere Operationen auf dem Programm. Diese dürften keine Probleme bereiten.

19 Uhr
Auf dieser Mission bleibt uns nichts erspart.
Alles hatte doch so gut angefangen. Die erste Operation verlief wie geplant, sogar etwas schneller als erwartet. Ich bin nämlich gerade dabei, zuzunähen, da ertönt plötzlich (über den Lautsprecher, der mit einer Playlist verbunden ist) der Song «She drives me crazy» von den «Fine Young Cannibals» (die wohl auch nicht mehr so jung sein dürften …). Evelyne. Offensichtlich hat sie ein ganz bestimmtes Buch gelesen und weiss nun, dass diese Musik, dieser Rhythmus, meine Nähgeschwindigkeit zeitweilig gehörig erhöhen konnte. Sie schaut mich mit grossen, strahlenden Augen an, stolz über ihren Coup, und lacht dann schallend.
Um nun gut dazustehen, versuche ich, das Tempo zu erhöhen, aber ich bin schon am Anschlag. Ich trällere die Worte des Songs vor mich hin und komme nicht umhin zu denken: «… wie in guten alten Zeiten!»

Dann die zweite Operation, und diese erweist sich als einiges schwieriger als wir uns im Vorfeld gedacht haben. Denn wieder gibt es etwas Ungewöhnliches, das beim Ultraschall unentdeckt blieb. Dadurch sind wir gezwungen, unsere ganze Taktik zu ändern. Die Anomalie besteht darin, dass eine grosse Koronararterie (die grösste), an der Vorderseite der Pulmonalklappe vorbeiführt (normalerweise verläuft sie an deren Rückseite), also an der zu engen Stelle, die wir eigentlich für den Blutdurchfluss erweitern müssen. Wir müssen also eine andere Lösung wählen. Diese zu erläutern würde den Rahmen hier aber sprengen. Dazu nur soviel: Sie erforderte eine Herkulesarbeit. Erst nach fünf Stunden Ringen ohne Pause – das Herz war hart (da zu dicht), dunkel (da blausüchtig) und schlug nicht sofort an (da beeinträchtigt) – konnten wir endlich mit dem Zunähen des Sternums beginnen. Das Herz funktionierte einwandfrei, und die Koronararterie, die an der Naht befestigt wurde, pumpte sich bei jedem Herzschlag schön auf.
Um 18.12 Uhr mag niemand mehr sprechen – die Müdigkeit hat uns alle eingenommen. Sogar die «Fine Young Cannibals» schweigen.

pour ouvrir les yeux, nous considérer distraitement, avant de s'intéresser à des choses bien plus passionnantes.

… um die Augen zu öffnen und uns abwesend zu betrachten – und sich dann weit spannenderen Dingen zuzuwenden.

Nos "bloody soporiphics", eux qui endorment à tour de bras nos petits patients. Parfois, c'est nous qui rêvons de dormir un peu plus...

Unsere «bloody soporifics», die alles daran setzen, unsere kleinen Patientinnen und Patienten in den Schlaf zu versetzen. Manchmal sind wir es, die von etwas mehr Schlaf träumen …